Künstliche Intelligenz in der Ahnenforschung

Die Ahnenforschung profitiert stark von der Digitalisierung: Millionen historischer Dokumente, Kirchenbücher und Fotografien sind heute online zugänglich. Doch das eigentliche Problem bleibt bestehen – das mühsame Entziffern, Zuordnen und Interpretieren alter Quellen. Hier setzen KI-gestützte Werkzeuge an. Sie können vieles erleichtern, aber längst nicht alles übernehmen, selbst wenn such die Künstliche Intelligenz deutlich verbessern wird. Die Einordnung, die kritische Bewertung und das Erzählen der Familiengeschichte bleiben Aufgaben, die nur Menschen leisten können. KI liefert die Werkzeuge, die Ahnenforschung bleibt aber Handwerk und Leidenschaft.

🤖 Was Künstliche Intelligenz heute schon leisten kann

Handschriftenerkennung

Ein Paradebeispiel ist Transkribus, eine Plattform, die auf maschinellem Lernen basiert. Sie wurde speziell für historische Dokumente entwickelt und kann alte Schriften wie Kurrentschrift oder Sütterlin automatisch transkribieren. Nutzer können eigene Modelle trainieren, sodass die Erkennung mit der Zeit immer besser wird. Für viele Genealogen ist dies ein entscheidender Schritt zur effizienteren Arbeit mit Kirchenbüchern oder Urkunden. Hier geht es zu meinem nicht-repräsentativen Schnelltest.

Grabsteindaten digital erfassen

Auch Friedhöfe werden zunehmend durch KI erschlossen: Mit Bilderkennung lassen sich Inschriften auf Grabsteinen automatisch erfassen und in Textform umwandeln. Namen, Geburts- und Sterbedaten werden extrahiert und können direkt in GEDCOM gewandelt oder direkt in die Datenbank übernommen werden. Plattformen wie BillionGraves oder Projekte in Vereinen, z.B. Compgen, nutzen bereits solche Technologien.

Automatische Strukturierung in GEDCOM

Die Genealogie arbeitet weltweit mit dem GEDCOM-Standard, einem Dateiformat zum Austausch von Familiendaten. KI-gestützte Tools können heute automatisch ausgelesene Informationen – etwa aus Transkriptionen oder Grabsteinbildern – in GEDCOM-Strukturen überführen. Damit werden Daten direkt kompatibel für Programme wie Ahnenblatt, TNG oder Webtrees.

DNA-Daten und Mustererkennung

Im Bereich der genetischen Genealogie helfen KI-Systeme, DNA-Übereinstimmungen zwischen Testpersonen zu analysieren. Sie können in großen Datenmengen Muster erkennen und mögliche Verwandtschaftsverbindungen vorschlagen, was besonders bei „Brick Walls“ – genealogischen Sackgassen – hilfreich ist.

Optimierung alter Fotografien

Ein weiteres Einsatzfeld von KI in der Ahnenforschung ist die Restaurierung und Verbesserung alter Fotos. Viele Familienaufnahmen sind vergilbt, unscharf oder beschädigt. KI-gestützte Bildbearbeitungstools können Gesichter schärfen, Farben rekonstruieren und Kratzer oder Risse digital entfernen. Dadurch entstehen klarere, oft farbige Bilder, die einen neuen emotionalen Zugang zu den Vorfahren eröffnen. Für die wissenschaftliche Forschung bleibt das Original unverzichtbar, doch für die anschauliche Präsentation der Familiengeschichte liefern optimierte Fotografien einen besonderen Mehrwert.

Tools und Scripte erstellen

Künstliche Intelligenz kann in der Ahnenforschung nicht nur bei der Analyse von Quellen helfen, sondern auch eigene Tools und Skripte effizient unterstützen. So lassen sich wiederkehrende Aufgaben automatisieren. Skripte können automatisch Datensätze aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen, Dubletten erkennen oder Formate standardisieren (z. B. Umwandlung von CSV in GEDCOM). Die Erstellung solcher Tools erfordert normalerweise Programmierkenntnisse. Doch mit der KI können auch Nicht-Programmierer solche Skripte erstellen. Diese lassen sich mit den oben genannten Funktionen kombinieren.

Beispiel: in Python gibt es mehrere Module, die GEDCOM-Daten verarbeiten können. So kannst du dir mit generierten Python-Skripten Auswertungen erstellen lassen, die über die Funktion deines genealogischen Programms hinausgehen.

🛑 Was KI (noch) nicht zuverlässig kann

Das Problem des „Halluzinierens“

Ein oft übersehener Aspekt beim Einsatz von KI in der Ahnenforschung ist das sogenannte Halluzinieren. Damit bezeichnet man die Tendenz von KI-Systemen, scheinbar plausible, aber tatsächlich falsche Informationen zu erzeugen. Die KI ist darauf programmiert immer zu antworten, auch dann, wenn es die Frage eigentlich nicht beantworten kann!

Kontext und Identität verstehen

Ob „Johann Müller“ in einem Taufeintrag identisch ist mit „Hans M.“ aus einem Heiratseintrag, kann eine KI derzeit nicht sicher entscheiden. Solche Verknüpfungen erfordern genealogisches Wissen, Ortskenntnis und oft auch Bauchgefühl.

Sprachliche Feinheiten interpretieren

Regionale Schreibweisen, Abkürzungen und alte Begriffe sind für KI schwer verständlich. Sie kann Buchstaben und Wörter erkennen, versteht aber den historischen Kontext nicht.

Konsistente Familiengeschichten aufbauen

Aus vielen Einzelinformationen eine stimmige Ahnentafel zu erstellen, bleibt ein kreativer und analytischer Prozess. KI kann Hilfestellung leisten, aber nicht die Rolle des forschenden Menschen ersetzen.

Fehlerfreiheit sicherstellen

Automatische Transkriptionen, Auslesungen oder Datenkonvertierungen sind anfällig für Fehler. Schon kleine Abweichungen können zu falschen Familienverknüpfungen führen. Eine sorgfältige Überprüfung durch den Menschen ist daher unverzichtbar.

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